Pflichtteilsrecht / Pflichtteilsergänzung

 

Durch den Pflichtteil wird einem nahen Familienangehörigen eines verstorbenen Erblassers eine MIndestbeteiligung am Nachlaß garantiert. Wird ein Familienangehöriger, (Ehegatte, Kind bzw. Abkömmling, in einigen Fällen Elternteile) durch Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) von der Erbfolge ausgeschlossen, so steht ihm ein Pflichtteilsrecht gegenüber den Erben zu. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Garantie des Erbrechts (Artikel 14 GG: „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet.“) soll ein pflichtteilsberechtigter Angehöriger nicht völlig vom Nachlaß ausgeschlossen werden können. Auch von dieser Regel gibt es eine Ausnahme. Die ist die sogenannte Pflichtteilsunwürdigkeit, geregelt in § 2345  Abs. 2 BGB. Danach ist jemand seines Pflichtteils unwürdig, wenn er sich einer Verfehlung gegenüber dem Erblasser schuldig gemacht hat. Die Verfehlungen sind in § 2339 BGB aufgelistet.

Nicht ausreichend für eine Pflichtteilsunwürdigkeit ist es in aller Regel, wenn sich Erblasser und potenzieller Erbe vor Jahren verstritten haben oder es schon lange keinen Kontakt mehr gibt.

 

 

Der Pflichtteilsanspruch besteht in einer Geldforderung gegenüber dem Nachlaß bzw. den Erben. Der Pflichtteilsberechtigte ist daher nicht selbst Erbe und erwirb daher kein Eigentum an den Nachlassgegenständen. Er wird nicht Bestandteil einer Erbengemeinschaft. Vielmehr kann er gegen den Erben einen Geldanspruch auf Auszahlung des Pflichtteils geltend machen.

 

 

Die Höhe der Pflichtteilsforderung hängt zum einen von dem Wert des Nachlasses ab, zum anderen von der sogenannten Pflichtteilsquote. Grundsätzlich gilt, daß der Pflichtteilsberechtigte die Hälfte des gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil geltend machen kann.(vgl. § 2303 Abs. 1, Satz 2 BGB: „Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.“) 

 

Pflichtteilsberechtigte:

Die Pflichtteilsberechtigten sind in § 2303 BGB geregelt. Dies sind in erster Linie gemäß § 2303 Abs. 1 BGB Abkömmlinge des Erblassers, also Kinder, Enkel oder Urenkel. Gemäß § 2303 Abs. 2 BGB können auch Eltern oder der Ehegatte pflichtteilsberechtigt sein. Gleiches gilt für den Lebenspartner /die Lebenspartnerin des Erblassers nach dem LPartG.

 

Die Pflichtteilsberechtigung besteht nur dann, wenn bei gesetzlicher Erbfolge die betroffene Person Erbe geworden wäre. Dies führt dazu, daß für den Fall, daß ein Kind des Erblassers pflichtteilsberechtigt ist, weitere Abkömmlinge wie Enkel oder Urenkel nicht mehr pflichtteilsberechtigt sein können. Denn bei gesetzlicher Erbfolge hätte auch nur das Kind geerbt. Einen Pflichtteilsanspruch hat selbstverständlich nur jemand, der enterbt worden ist.

 

 

Ein Enkel kommt in dem Fall als Pflichtteilsberechtigter in Betracht, wenn das von der Erbfolge ausgeschlossene Kind bereits vor dem Erbfall verstorben ist oder aber die Erbschaft ausgeschlagen hat. Daraus ergibt sich, daß für die Frage der Klärung, ob eine Person Pflichtteilsansprüche haben könnte, zunächst einmal die gesetzliche Erbfolge geklärt werden muß und dann geprüft werden muß, ob diese durch eine letztwillige Verfügung (Einzeltestament, gemeinschaftliches Testament, Erbvertrag) geändert worden ist.

 

Höhe des Pflichtteils

 

Gemäß § 2303 Abs. 1 Satz 2 besteht der Pflichtteil in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Wenn also der Erblasser eine Ehefrau und zwei Kinder hinterlässt, durch ein Testament aber seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt hat, hätten beide Kinder einen Pflichtteilsanspruch. Bei gesetzlicher Erbfolge würden in dieser Konstellation die Ehefrau ½ und die Kinder jeweils ¼ erben. Mithin läge die Pflichtteilsquote eines durch Testament enterbten Kindes in dieser Konstellation bei 1/8.

 

Nachlaßbestand

 

Ist die Pflichtteilsquote ermittelt, so kann der Pflichtteil konkret berechnet werden. Hierzu bedarf es einer Aufstellung über den Nachlaßbestand, also aller Vermögenswerte des Erblassers. Zu differenzieren ist zwischen den sogenannten Aktiva und den sogenannten Passiva. Aktiva sind die werthaltigen Nachlaßwerte, Passiva sind zum Zeitpunkt des Todes bestehende Verbindlichkeiten oder durch den Erbfall entstehende Verbindlichkeiten. 

Aktiva

Hierzu zählen Immobilien, Bank- und Wertpapierguthaben, Forderungen, sowie weiterer im Eigentum des Erblassers stehender Besitz (Fahrzeuge, technische Geräte, etc.) Ansprüche aus Lebensversicherungen können, müssen aber nicht in den Nachlaß fallen. Sie gehören nur dann zu den Aktiva, wenn es keinen Bezugsberechtigten gibt.

 

Passiva

Hierzu zählen die Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt des Erblassers bestanden haben und von diesem nicht mehr bezahlt werden konnten (beispielsweise Darlehensforderungen, Krankenhausrechnungen, etc.). Ebenso dazu zählen die sogenannten Erbfallverbindlichkeiten, also solche, die durch den Tod des Erblassers entstanden sind. Da zu zählen in erster Linie die Kosten für die Beerdigung. 

 

Auskunftsanspruch

Der Pflichtteilsberechtigter hat im Vergleich zum Erben den Nachteil, nicht zu wissen, aus welchen Aktiva und Passiva sich der Nachlaß zusammensetzt, es sei denn Zufälle helfen ihm zu entsprechenden Informationen. Der Erbe hat den Vorteil, gegenüber Institutionen wie Banken, Versicherungen, Behörden Auskunft erhalten zu können über den Bestand von Konten, Depots, Aktienfonds, Lebensversicherungen etc.

 

Um jedoch einen Pflichtteilsanspruch berechnen zu können, ist der Pflichtteilsberechtigte auf Auskünfte angewiesen. Hier hilft ihm das BGB. § 2314 BGB statuiert einen Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben. Dieser kann geltend gemacht werden. Der Erbe ist zur Erstellung eines Nachlaßverzeichnisses verpflichtet. Dies muss in Form eines Nachlaßverzeichnisses geschehen, also einer Gegenüberstellung aller aktiven und passiven Vermögenswerte.

 

 

Zusätzlich gibt es einen sogenannten Wertermittlungsanspruch, der vor allem im Bereich von Immobilien von Bedeutung ist. Wenn eine Immobilie Teil des Nachlaßes ist, muß auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten der Wert der Immobilie angegeben werden. Hierzu eignen sich in der Regel Sachverständigengutachten. Gleiches gilt bzgl. Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen.

 

Verjährung

Pflichtteilsansprüche unterliegen der Verjährung. Die Verjährung berechnet sich gemäß den §§ 195, 199 BGB. Danach ist zunächst einmal vom Todeszeitpunkt auszugehen. Der Beginn der Verjährung verschiebt sich auf den 31.12. des Jahres, in dem der Erblasser verstorben ist. Von da an verjährt der Anspruch binnen 3 Jahren. Fällt der Tod auf den 15.3.2016, dann beginnt die Verjährungsfrist am Jahresende 2016 und endet am 31.12.2019.

Gehemmt wird die Verjährung durch Einleitung entsprechender Maßnahmen, z.B. Erhebung einer Klage. 

 

 

Pflichtteilsergänzungsanspruch

Gemäß § 2325 BGB gibt es einen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dies ist ein selbständiger, vom eigentlichen Pflichtteilsanspruch unabhängiger Anspruch gegen den oder die Erben. In Ausnahmefällen kann sich der Anspruch auch gegen Dritte richten(§ 2329 BGB). Dies wäre dann ein vom Erben Beschenkter. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch kann nur einer pflichtteilsberechtigten Person zustehen. Aufgrund der Unabhängigkeit des Anspruchs kann auch ein gesetzlicher Erbe, ein Miterbe oder ein Vermächtnisnehmer oder jemand, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, einen solchen Anspruch haben. Er muss aber zu den grundsätzlich pflichtteilsberechtigten Personen gehören (§ 2303 BGB, Abkömmlinge, Ehegatten, Eltern)

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist denkbar, wenn der Erblasser zu seinen Lebzeiten Schenkungen an Dritte vorgenommen hat. Es werden daher Nachlaßwerte, die der Erblasser noch zu Lebzeiten, vor seinem Tod, auf andere Personen übertragen hat, berücksichtigt. Dabei spielt das Motiv der Schenkung in der Regel keine Rolle.

Der Wert eines vor dem Tod verschenkten Gegenstandes wird daher „fiktiv“ in den Nachlasswert hineingerechnet. Es wird ein sogenannter fiktiver Nachlasswert ermittelt, bestehend aus dem realen Nachlasswert und dem hinzuzurechnenden Wert des verschenkten Gegenstands. Hat der Erblasser vor seinem Tod eine Immobilie ohne jegliche Einschränkung auf einen Dritten übertragen, dann ist der reale Nachlasswert um die Wert der Immobilie zu erhöhen.

Allerdings muss die Vorschrift des § 2325 Abs. 3 BGB berücksichtigt werden. Danach verringert sich der zu berücksichtigende Wert der Schenkung um jeweils 1/10 für jedes Jahr, dass seit der Schenkung vergangen ist. Liegt die Schenkung mehr als 10 Jahre zurück, wird der Gegenstand nicht mehr berücksichtigt.

 

Bei Immobilien, die mit vorbehaltenen Wohnrechten oder Nießbrauchsrechten verschenkt worden sind, gelten Besonderheiten bzgl. des Fristbeginns.

 

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Wir stehen gerne für ein persönliches Gespräch zur Verfügung. Eine Beratung kann durch eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt sein. Dies klären wir für Sie. Bei der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs oder bei der Verteidigung dagegen helfen wir gerne.

 

 

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Dr. Stefan Mogk
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